Betriebsbedingte Kündigungen vermeiden
Was tun, wenn Sie als Unternehmer und Personalverantwortlicher mit der Realität konfrontiert werden, dass Umsätze einbrechen und die Kosten parallel immer weiter steigen? Gerade in Zeiten von Lieferkettenengpässen, Inflation und der massiven Erhöhung der Energiekosten geraten Unternehmen zunehmend unter Druck. Welche Möglichkeiten bleiben, um eine faire Lösung ohne betriebsbedingte Lösungen zu finden, wenn klar ist, dass sich die Auftragslage und Kostenstruktur in absehbarer Zeit nicht verändern wird? Am Beispiel einer Case Study aus einem unserer erfolgreichen Projekte im Sondermaschinenbau zeigen wir Ihnen, wie betriebsbedingte Kündigungen erfolgreich vermieden werden können.
Ausgangssituation:
Das Unternehmen ist ein Hersteller von Produkten zur nationalen Verteidigung. Nach vielen erfolgreichen Geschäftsjahren wurden aufgrund von neuen staatlichen Vergaberichtlinien Angebotsprozesse verloren. Gleichzeitig liefen bereits lange Zeit laufende Produkte aus. Durch Überkapazitäten rutschte das Unternehmen in die Verlustzone. Resultierend musste ein Restrukturierungsprojekt durchgeführt werden. Dies war für die Mitarbeiter schwer verständlich, da man sich über Jahre in einer großen Komfortzone befand. Neben den sachlichen Herausforderungen mussten also auch Emotionen der Mitarbeiter aufgefangen werden.
Vorgehensweise:
Das Unternehmen hat zusammen mit einer Strategieberatung mehrere Zukunftsszenarien erstellt. Im Ergebnis der Analyse wurde ein notwendiger Personalabbau zwischen 10%-20% der Belegschaft, rund 200 Mitarbeiter, über alle Hierarchien und Unternehmensbereiche festgehalten. Bei der nachfolgenden Umsetzung wurde VBLP früh durch die Personalleitung eingebunden. Gemeinsam mit HR und dem Betriebsrat wurde dazu ein Konzept erarbeitet, um die Zielvorgaben der Geschäftsleitung zu erreichen:
In einem ersten Schritt erarbeiteten wir mit HR und den Fachabteilungen in Workshops die zukünftigen Zielstrukturen. Grundlage waren die Umsatz- und Absatzziele aus der Unternehmensstrategie. Auf dieser Basis bekamen die Bereiche und Abteilungen personelle Zielgrößen.
Der Betriebsrat war frühzeitig in den Prozess eingebunden. Die Zielgröße war dem Betriebsrat bekannt. Bemerkenswert und hervorzuheben ist, dass der Betriebsrat die Zielgröße mit trug unter der Voraussetzung, dass nicht nachgelegt oder es im Nachhinein zu weiteren Abbaumaßnahmen nach „Salamitaktik“ kommt. Die offene und ehrliche Kommunikation zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung mit uns gemeinsam war übrigens ein wesentlicher Erfolgsfaktor
Nachdem die Zielstrukturen festgelegt waren, wurden von HR mit uns gemeinsam Alterscluster gebildet. Parallel hatten die Vorgesetzten und Führungskräfte die schwere Aufgabe auszuwählen, auf welche Mitarbeiter in ihren Abteilungen sie bzgl. einer Trennung zugehen würden. So entstand eine potenzielle Namensliste.
Im nächsten Schritt haben wir mit dem Kunden eine Schulung für Führungskräfte und Leitende Mitarbeiter konzipiert und durchgeführt. Damit erhielten die Vorgesetzten eine Kompetenzvertiefung in der Durchführung von schwierigen Gesprächen und/oder Trennungsgesprächen. Die Wichtigkeit dieser Schulung zeigte sich einerseits darin, dass die Führungskräfte in den Trennungsgesprächen nochmals die Wertschätzung der Mitarbeiter untermauerten und gleichzeitig selbst die emotionale Stärke für diese Gespräche nachhaltig aufbauten. Resultierend gab es keine negativen Rückmeldungen aus den nachfolgenden Mitarbeitergesprächen.
In einem dritten Schritt erarbeiteten wir gemeinsam mit HR Angebote. Die Angebote erfolgten in einem mehrstufigen Verfahren. Zuerst sollten Mitarbeiter im rentennahen Alter angesprochen werde, ob ein vorzeitiger Ruhestand für sie in Frage kommt. Danach erfolgte ein Freiwilligenprogramm auf Basis „doppelter Freiwilligkeit“, das allen Mitarbeitern angeboten wurde. Sofern die Anzahl nicht ausreicht sollte im dritten Schritt ein Sozialplan folgen mit Transfergesellschaft und Abfindungszahlungen.
- Zuerst wurden Mitarbeiter im rentennahen Alter angesprochen. Mitarbeiter ab Alter 58+ wurde ein individuelles Model mit vorzeitigem Ruhestand vorgeschlagen. Berücksichtigt in diesen Angeboten werden Lebensarbeitszeit und Stand der Rentenpunkte, betriebliche Altersversorgung, Abfindungen und Zuzahlungen durch den Arbeitgeber, Stand der Krankenversicherung, Pflegeversicherung etc.
- Wir konnten gemeinsam mit unserer Gesellschaft für Altersversorgung und Übergang in den Ruhestand den betroffenen Mitarbeitern Angebote machen, zu denen sie bereits wesentlich früher in den Ruhestand gehen können. Die Mitarbeiter erhielten einen transparenten und leicht verständlichen Vorschlag. Für die Richtigkeit der Kalkulationen garantieren wir.Resultierend haben rund 60 Mitarbeiter das Angebot auf freiwilliger Basis angenommen.
- Nachfolgend wurde ein Freiwilligenprogramm aufgesetzt auf Basis doppelter Freiwilligkeit. Das Angebot sollte attraktiv sein, konnte aber aufgrund finanzieller Rahmenbedingungen keine übermäßigen Abfindungszahlungen bieten. Daher wurden attraktive Sonderleistungen geboten z.B. sofortige Freistellung, Weiterbenutzung des Firmen PKW, Nutzen der Infrastruktur für Bewerbungen, Einzahlung von Abfindungsleistungen in die attraktive BAV und Newplacementberatung. Klar kommuniziert wurde von allen Beteiligten, Geschäftsleitung, HR und Betriebsrat, dass ein nachfolgender Sozialplan auf jeden Fall schlechtere Bedingungen darstellen wird als das Freiwilligenprogramm.
Um den Mitarbeitern eine neutrale und sachliche Entscheidungsgrundlage zu bieten, wurde VBLP beauftragt mit allen Mitarbeitern vertrauliche Informationsgespräche zu führen, als Basis ihrer Entscheidung für eine Aufhebung. In diesen Gesprächen haben unsere Berater mit den Mitarbeitern alle Pro und Contras der Veränderung diskutiert. Dadurch wussten die Mitarbeiter genau, was auf sie zukommt und hatten eine hervorragende Entscheidungsgrundlage.
Insbesondere die Newplacementberatung sorgte dafür, dass die Mitarbeiter ca. 30% schneller eine neue Aufgabe fanden. In dieser Gruppe wurden neben aktiv Mitarbeitenden auch passive Mitarbeiter angesprochen. Diese nahmen das Angebot in Verbindung mit einer Unterstützung bei der Suche nach einer neuen Aufgabe, Newplacement in großem Umfang an.
Ein wesentlicher Erfolg des Freiwilligenprogramms bestand in der Unterstützung durch den Betriebsrat. Dieser forderte die Mitarbeiter immer wieder auf mit den VBLP Beratern vor Ort Kontakt aufzunehmen und mit ihnen die Möglichkeiten in Ruhe auf neutraler Ebene auszudiskutieren. Das positive Feedback der Mitarbeitenden untermauerte die Positionierung des Betriebsrats innerhalb des Unternehmens.
Das Freiwilligenprogramm nahmen in Summe über 160 aktiv und passiv Mitarbeitende an. Das war ein großer Erfolg, denn dadurch konnte man auf den gefürchteten Sozialplan verzichten.
- Der avisierte Sozialplan sah ein „Cafeteria System“ vor. Dazu war geplant, dass VBLP als neutraler Partner den Mitarbeitern die jeweiligen Optionen für sie aufzeigt und mit ihnen das für Sie beste Modell herauspickt. Die Auswahlmöglichkeiten waren im Wesentlichen: Aufhebungsvertrag mit Abfindung, vorzeitiger Ruhestand, Transfergesellschaft oder Übergang in eine andere Konzerngesellschaft. Das Modell war zur Zeit des Projektabschluss inhaltlich fertiggestellt kam jedoch nicht zur Umsetzung, da über das Freiwilligenprogramm bereits ausreichend Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben.
- Aktuell laufend ist ein Mitarbeiterbindungsprogramm, um die im Unternehmen verbliebenen Mitarbeiter in der neuen Situation und mit ihren neuen Aufgaben möglichst schnell zum Erfolg zu bringen und damit mögliche weitere ungewollte Abgänge zu vermeiden.
Ergebnis:
Der wesentliche Erfolg des Projekts war die Zielerreichung des Personalabbaus von 15% der Mitarbeitenden. Dieses Ziel konnte durch die enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und VBLP innerhalb der vorgegebenen Zeit und im Budget umgesetzt werden. Sowohl bei den betroffenen Mitarbeitern, die sich für eine Trennung entschieden haben als auch bei den im Unternehmen verbliebenen Mitarbeitern war eine Zufriedenheit von > 85%.