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Der Unterschied von Restrukturierung und Transformation

In einem inspirierenden Round Table mit dem Titel „Wichtiger sind die, die bleiben“, der in dem Fachmagazin Arbeit und Arbeitsrecht, Ausgabe 12/2022 erschienen ist, tauschen sich Experten zum entscheidenden Unterschied zwischen Restrukturierung und Transformation aus. Sie beantworten vor allem die Fragen, welche Lösungen für Mitarbeitende möglich sind, welche Rolle Führungskräfte einnehmen und wie wichtig die klare Kommunikation mit allen Beteiligten ist.

Explodierende Energiepreise, Ukrainekrieg, Rezession und weiterhin ein Mangel an Fach- und Arbeitskräften in Deutschland; es gibt viele Gründe, warum sich Arbeitgeber derzeit schwer tun, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Hinzu kommt ein Strukturwandel im Industrieland Deutschland. Und so verwundert es nicht, wenn nicht wenige Unternehmen selbst auf eine Krise zusteuern. Wie sie damit umgehen können und wo der entscheidende Unterschied zwischen einer Restrukturierung auf der einen und der Transformation auf der anderen Seite ist, darüber haben wir mit Nathalie Polkowski, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Counsel, Leiterin des Bereichs Arbeitsrecht bei Deloitte Legal in München, Sonja Grunau, Geschäftsführerin Training & Beratung, Ford Aus- und Weiterbildung e.V., Köln, Henrich Abegg, Geschäftsführender Gesellschafter der Beratung VBLP GmbH, München, Stefan Nikolaus, Director HR Europe, Cohu GmbH, Rosenheim, sowie Marc Zizmann, Rechtsanwalt, Leiter Personal Deutschland und Mitglied der Geschäftsleitung bei MBDA Deutschland GmbH, Schrobenhausen, gesprochen. Wir bedanken uns bei Arne Gels, Vorstandsmitglied der Retencon AG und Experte für u.a. Transformation, Corporate Culture, für das

Was ist der Unterschied zwischen Transformation und Restrukturierung?

Polkowski: Eine trennscharfe Abgrenzung anhand klarer Kriterien ist aus arbeitsrechtlicher Sicht meines Erachtens nicht möglich. Sicherlich weisen die beiden Prozesse Transformation und Restrukturierung, die bestenfalls auf der Grundlage einer betriebswirtschaftlichen Bewertung und Beratung erfolgen, Überschneidungen auf. Eine Restrukturierung bringt nicht selten im verbleibenden Betrieb/Betriebsteil auch eine Transformation mit sich. Erfahrungsgemäß sollte Legal immer frühzeitig mit eingebunden werden. Letztendlich kann die Transformation als langfristige Umgestaltung der Architektur des Unternehmens bezeichnet werden. Es soll an z. B. ein geändertes Marktumfeld, neue makroökonomische Bedingungen für künftige Herausforderungen ausgerichtet werden. Die Restrukturierung ist hingegen ein Prozess, in dem ein sehr schnelles Ergebnis geliefert werden muss – das ist natürlich am schwierigsten umzusetzen, weil in der Regel weniger Zeit verbleibt, die relevanten Stakeholder von der geänderten Ausrichtung zu überzeugen. Im Rahmen der Restrukturierung sprechen wir sehr schnell von Entlassungen und den damit einhergehenden Problemen und erforderlichen Vorbereitungen. Hinzu kommen bei einem solchen Prozess der Motivationsabfall und die wachsende Unsicherheit innerhalb der (bleibenden)Belegschaft.

Grunau: Wir konnten den Personalabbau auf freiwilliger Basis gewährleisten, weil wir viele Angebote unterbreitet und uns nicht nur die betriebswirtschaftliche oder arbeitsrechtliche Seite angeschaut haben. Wir haben ganz klassische Personalarbeit gemacht. Soll heißen: Wir haben Organisations- und Personalentwicklung betrieben. Das sind ganz wichtige Bausteine. Es wurden bspw. Jobmessen veranstaltet, und wir haben geschaut, wie die Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Das Ganze wurde abgerundet durch eine externe Beratung. Ein wesentlicher Schlüssel für den erfolgreichen Restrukturierungsprozess war das enge Zusammenarbeiten mit dem Betriebsrat. So standen auch immer Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretung gemeinsam auf der Bühne, um die Maßnahmen zu kommunizieren. Transformation hingegen steht auch für mich als Oberbegriff, und ein Aspekt dessen ist die Restrukturierung.

Wurde der Restrukturierungsprozess dann auch als Transformation bezeichnet, weil man das große Ganze im Blick hatte?

Grunau: In der Automobilindustrie geht es ja gar nicht mehr ohne Transformation. Die gesamte Branche befindet sich im Wandel. Man könnte sogar fast sagen, wir sind überhaupt kein Automobilunternehmen mehr, sondern eher ein Mobilitätsunternehmen. Wir haben die Restrukturierung in verschiedene Phasen unterteilt, etwa Reset und Redesign. Aber ein spezielles Wording nur für unsere Belegschaft haben wir nicht benutzt. Zunächst haben wir geschaut, was das Ziel unserer Transformation ist. Auf den Punkt gebracht hieß das bei uns, dass unsere Belegschaft in Deutschland von rund 20.000 auf etwa 16.000 schrumpfen musste. Wir haben eine Sharepoint-Seite erstellt, auf der jeder jederzeit aktuelle Informationen und den Stand des Transformationsprozesses abrufen konnte. Unser Credo war: Wir müssen deutlich und klar kommunizieren. Wir haben unsere Beschäftigten nie im Unklaren über die Ernsthaftigkeit sowie die nächsten Schritte gelassen, deshalb haben wir auch kein spezielles Wording verwendet.

Gab es bei einer solchen offenenKommunikationbereits im Vorfeld Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen haben?

Grunau: Eine messbare Abwanderung haben wir nicht beobachtet. Unsere Belegschaft ist ja Transformation gewohnt. Schauen Sie sich nur die Fertigung an. Hier findet ein permanenter Wandel statt. Tatsächlich betraf dieser Wandel aber plötzlich auch andere Bereiche im Unternehmen – und da gab es eher eine Schockstarre und von Abwanderung war erst einmal nichts zu spüren. Niemand konnte sich vorstellen, dass nun auch Positionen von beispielsweise Ingenieuren hinterfragt wurden. Plötzlich standen auch sie im Fokus von Freiwilligenprogrammen – das war ein Kulturschock. Viele wurden kreativ und sattelten in andere Berufsgruppen um.

Abegg: Wir hatten zusammen mit Herrn Zizmann eine ähnliche Situation. Unser großes Problem war aber: Wir wussten, dass wir heute Mitarbeiter abbauen müssen, die wir in zwei bis drei Jahren schon wieder brauchen. Vor dieser Herausforderung standen wir damals zu Beginn unseres Engagements. Zunächst wurde jedoch beschrieben, wer zukünftig welche Aufgaben zu erfüllen hat. Und so blieben einfach Mitarbeiter übrig, für die es zunächst keine Beschäftigung im Unternehmen gab. Wir haben auf Freiwilligenprogramme gesetzt und wollten um jeden Preis betriebsbedingte Kündigungen und eine Transfergesellschaft vermeiden. So haben wir im ersten Schritt geschaut, wer ist dem Rentenalter nahe. Es wurde ein attraktives Paket geschnürt, verbunden mit dem Angebot der externen Beratung und Erläuterung durch uns. Das setzte sich aus den drei Bausteinen gesetzliche Rente, betriebliche Rente und Abfindung zusammen. So kann man immer eine Gruppe von Mitarbeitern ansprechen, die offen für solche Modelle sind. Und auch hier war ganz wichtig, den Betriebsrat mitzunehmen und sprichwörtlich bei allen Schritten im Boot zu haben. Als Nächstes haben wir mit einem Freiwilligenprogramm gearbeitet. Hier muss man immer schauen, was man den Mitarbeitern bieten kann – unter Berücksichtigung der Region und der jeweiligen Arbeitsmarktsituation, in der sie sich befinden. Die Angebote müssen sich regional orientieren.

Zizmann: Wir haben uns ganz zu Beginn tatsächlich auch Gedanken darüber gemacht, ob wir den Verantwortlichen als Leiter Restrukturierung oder als Leiter Transformation bezeichnen sollen. Im Ergebnis gab es dann einen Interimsmanager als Leiter Restrukturierung. Wir waren nicht bereit, den Prozess Transformation zu nennen, denn das war es nicht. Hier muss man ehrlich sein. Für mich ist die Restrukturierung etwas kurzfristiges, das irgendwann einmal abgeschlossen ist und schnell gehen muss. Die Restrukturierung muss das Unternehmen selbst durchziehen, das Management muss hinter den Maßnahmen stehen – da kann eine Beratung nur bedingt Verantwortung intern übernehmen. Eine Restrukturierung hat etwas mit Kosten und der Größe und Struktur der Belegschaft zu tun. Das können nicht alle Mitarbeiter nachvollziehen. Die Kostenseite einer solchen Maßnahme geht bei der Belegschaft i.d.R. unter. Eine Transformation hingegen dauert lange. Und um noch einmal auf das Wording zu kommen: Transformation klingt zwar positiv und Restrukturierung hart und negativ, aber da muss man ehrlich zu seiner Belegschaft sein. Wir haben restrukturiert und mussten Mitarbeiter abbauen. Man muss es pragmatisch, schnell und wenn möglich ohne Anwälte machen. Auf Arbeitgeberseite haben wir die Verhandlungen selbst geführt, natürlich mit entsprechender Beratung im Hintergrund. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat vor Ort haben wir immer alleine und auf Augenhöhe geführt. Für die Mitarbeiter darf die Tür sprichwörtlich nicht zugemacht werden. Sie müssen immer die Möglichkeit bekommen, wieder ins Unternehmen zurückzukehren. Die Bereitschaft hierzu besteht aber eben nur dann, wenn ich meine Belegschaft ernst nehme und vernünftig mit ihr kommuniziere.

Sollte man also lieber kurz, ehrlich und möglicherweise schmerzvoll vorgehen?

Nikolaus: Wir haben den Prozess bei uns ebenfalls ganz bewusst Restrukturierung genannt, obwohl der Begriff massiv negativ belegt ist und vor allem ein schnelles Umsetzen meint. Transformation als langwieriger Prozess wird hingegen als etwas Positives wahrgenommen. Wir haben ganz klar kommuniziert, dass es um eine Restrukturierung und den Abbau von Mitarbeitern geht. Es muss Klarheit und Transparenz darüber herrschen, was das Management und HR vorhaben. Und an dieser Stelle muss man auch ehrlich sein, dass ein Freiwilligenprogramm nicht immer ganz freiwillig sein kann. Denn wenn der Mitarbeiter ein solches Angebot nicht annimmt, wird ihm zu einem niedrigeren Faktor gekündigt. Die Alternative ist also i.d.R. schlechter – auch da sollte man die Dinge beim Namen nennen. Hat man in dieser Phase den Betriebsratauf seiner Seite, berät er auch entsprechend realistisch. Das sorgt insgesamt wieder für mehr Wohlwollen.

Polkowski: Offene Kommunikation im Unternehmen ist zwar wichtig, dennoch muss man sich die Frage stellen, wie kommt das bei dem einzelnen Mitarbeiter an? Die Restrukturierung ist eine harte Maßnahme, die häufig zu einem Stellenabbau führt. Wichtig ist insbesondere, die lokalen Gegebenheiten im Blick zu behalten. Die Region München ist bspw. nicht zu vergleichen mit strukturschwächeren Regionen – hier finden sich bisweilen kaum Alternativen für die betroffenen Mitarbeiter. Und dann stoßen auch Freiwilligenprogramme regelmäßig an ihre Grenzen.

Grunau: Umso wichtiger ist es, hier gute Angebote zu machen. Neben Altersteilzeitprogrammen hatten wir Programme für Mitarbeiter ab 55, und auch dasThema Sabbatical haben wir kreativ eingesetzt und so Zeit gewonnen. Es hat eine ungeahnte Dynamikeingesetzt. Zudem haben wir eine „doppelte Freiwilligkeit“ festgelegt und bestimmte Berufsgruppen ausgeschlossen, die nicht gehen dürfen. So waren bspw. Elektriker und Feuerwehrleute sowie ein Großteil der Fertigungsbelegschaft ausgeschlossen – die wir ja zwingend brauchen, um zum einen unsere Betriebserlaubnis nicht zu verlieren und zum anderen weiter Fahrzeuge bauen zu können. Das war entscheidend – auch in der Kommunikation. Wenn wir unser Ziel erreichen, haben wir eine Zukunft als Standort. Wichtig war auch die gute Vorbereitung unserer Führungskräfte auf schwierige Mitarbeitergespräche, in denen immer die Wertschätzung des Gegenübers im Mittelpunkt stehen muss.

Abegg: Das Thema Führungskräfte ist tatsächlich entscheidend. Sie stehen aber meist zwischen allen Stühlen. Einerseits müssen sie in ihrem Bereich Stellen abbauen, selbst motiviert sein und andererseits das Tagesgeschäft am Laufen halten. Und dann sind sie möglicherweise sogar persönlich betroffen von Restrukturierungsmaßnahmen. Sie nehmen eine Schlüsselposition ein und deshalb muss man sich gut um sie kümmern.

Ein ganz wichtiger Appell an dieser Stelle: Bitte kümmern Sie sich nicht nur um die Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen. Konzentrieren Sie sich auf diejenigen, die im Unternehmen verbleiben – das ist Ihr Kapital!

Zizmann: Wir haben versucht, unseren Führungskräften einen Informationsvorsprung zum Stand der Restrukturierung zu geben, damit sie sich besser vorbereiten können. Einen Tag bevor die Belegschaft informiert wurde, haben wir die Führungskräfte unterrichtet und ihnen auch zusätzliche Informationen für die Gespräche mit den Mitarbeitern an die Hand gegeben. Die Botschaften an die Führungskräfte müssen auf diese zugeschnitten sein – denn sie haben eine wichtige Rolle.

Wie geht man vor, wenn Kandidaten perspektivisch nach der Restrukturierung einmal wieder zurück ins Unternehmen kommen sollen?

Nikolaus: Wir haben zwar grundsätzlich einen harten Cut gemacht. Dennoch gab es auch bei uns die Rückkehrklauseln. So sieht der Mitarbeiter, dass es immer eine Option zu einem späteren Zeitpunkt gibt. Das hat den Vorteil, dass dann nicht wieder einzeln verhandelt werden muss.

Wie verhindert man Know-how-Verlust?

Nikolaus: Durch die beidseitige Freiwilligkeit ist das einigermaßen sichergestellt. Schwierig wird es, wenn der Mitarbeiter bleiben oder gehen möchte, das aber nicht vorgesehen ist. Man kann dem Unwillen zur Weitergabe von Know-how oder Demotivation etwa durch lange Kündigungsfristen vorbeugen, sodass eine geordnete Übergabe stattfinden kann. Das sollte im Idealfall schon im laufenden Arbeitsverhältnis vorbereitet sein und stattfinden.

Zizmann: Hier ist ein Altersteilzeitprogramm die beste Lösung. Alle wissen, wo die Reise hingeht, es gibt keinen Groll und der Wissensübertrag ist in aller Ruhe möglich. Bei den Teilnehmern des Freiwilligenprogramms war es so, dass sie erst dann mit HR über das Freiwilligenprogramm sprechen sollten, wenn sie einen Austrittstermin hatten, zu dem der Vorgesetzte sie auch gehen lassen konnte.

Welche Probleme sind nach Abschluss der Restrukturierung aufgetreten?

Zizmann: Es werden immer Aufgabenträger fehlen nach Abschluss eines solchen Prozesses. Aber immer dann, wenn eine Person fehlt, gibt uns das die Möglichkeit, auch die Rolle im Unternehmen zu hinterfragen – und ob diese Position nicht ganz grundsätzlich abgeschafft werden kann. Das leitet in eine Transformation über.

Nikolaus: Fachliches kann immer irgendwie ersetzt werden. Es wird aber offensichtlich, welche Manager den Change an diesem Punkt nicht mittragen können. Die Restrukturierung ist ein massiver Change. Und so kann es passieren, dass man nach Abschluss der Restrukturierung nachsteuern muss und Dinge erst jetzt zu Tage treten, etwa, dass Führungskräfte an einer anderen Position im Unternehmen besser aufgehoben sind. Dieser Schritt wird häufig verpasst, obwohl wir hier eine ganz wunderbare Gelegenheit haben, Dinge zu hinterfragen. Vor allem steht die Frage im Raum: Passt das jetzt alles zur neuen Ausrichtung? Man macht ja nicht weiter wie bisher.

Man muss auch darauf achten, das externe Employer Branding nach Abschluss der Restrukturierung nicht zu übertreiben. Hier sollte man die nächsten zwei bis drei Jahre vorsichtig agieren. Sonst passt das mit den getroffenen Maßnahmen nicht zusammen. Intern geht es natürlich weiter.

Sind die rechtlichen Möglichkeiten im Rahmen einer Restrukturierung ausreichend?

Polkowski: Ja, aus arbeitsrechtlicher Sicht hat uns der Gesetzgeber einige Möglichkeiten zur Hand gegeben, derer sich Arbeitgeber bedienen können und die aus meiner Sicht ausreichend sind. Als Berater muss man dabei unterstützen, die rechtlichen Möglichkeiten entsprechend vollumfänglich ausschöpfen zu können. Insbesondere sollte man die Möglichkeiten wahrnehmen, die bspw. auch ein Freiwilligenprogramm im Vorfeld bietet. Hierin liegt neben der guten Kommunikation und partnerschaftlichen Verhandlung auf Augenhöhe mit allen Beteiligten der Schlüssel zum Erfolg – vorausgesetzt, es wird im Hintergrund auch juristisch sauber gearbeitet.

Zizmann: Ich bräuchte vom Gesetzgeber ebenfalls kein anderes Instrument zur Ausgestaltung der Restrukturierung. Wir haben aber auch einen Betriebsrat, sodass wir bspw. die Sozialauswahl ganz anders gestalten können. Die kollektiven Instrumente, die uns an die Hand gegeben werden, ermöglichen uns genügend Spielraum – vorausgesetzt, die Sozialpartner können und wollen zusammenarbeiten. Ich frage mich aber, was ein Unternehmen ohne eine solche Arbeitnehmervertretung macht. Das dürfte schon schwieriger sein. Andererseits wäre es nicht hilfreich, wenn der Gesetzgeber bestimmte Instrumente vorgibt. Das könnte die Kreativität und Effektivität bei Restrukturierungsmaßnahmen im Unternehmen erschweren.

Abegg: Entscheidend ist eine gute Vorbereitung, damit der Prozess gelingt. Das Ziel ist ja zunächst auch in den meisten Fällen, niemanden entlassen zu müssen, sodass sich die Frage nach einem weiteren juristischen Handlungsspielraum im Idealfall nicht stellt.

Was sind die einzelnen Schritte, die im Rahmen der Restrukturierung notwendig sind?

Polkowski: Zunächst wird der Prozess definiert und im vertraulichen Kreis werden Ziele und Maßnahmen festgelegt. Hierauf basierend muss eine entsprechende unternehmerische Entscheidung gefällt werden. Danach beginnt die Informationsphase, es muss umfassend der Betriebsrat eingebunden werden. In der Verhandlungsphase kommt es u.a. – neben demangesprochenen vertrauensvollen Umgang miteinander– auf Dokumentation an. Je mehr dokumentiert und ein Konsens herbeigeführt wird, desto einfacher läuft ein solcher Prozess ab und auch die Herausforderungen im Rahmen der Umsetzung lassen sich damit bewältigen.

Abegg: Wir sprechen dabei von fünf Phasen. Als Erstes braucht man ein klares Ziel, ein klares Konzept, bei dem die Rahmenbedingungen stehen. Dann geht es in die Gespräche mit dem Betriebsrat und dort muss offen und ehrlich kommuniziert werden. Dann kommt es darauf an, Einheitlichkeit und Geschlossenheit gegenüber der Belegschaft zu demonstrieren. Im nächsten Schritt sind die Führungskräfte einzubinden und vor allem zu schulen. Sie benötigen u.U. auch Hilfe und Ansprechpartner, um mit dem Druck besser umzugehen. Im Nachgang muss der Abbau auch durchgezogen werden. Die Restrukturierung muss schnell, konsequent und nachhaltig angegangen werden. Und der letzte – am meisten vernachlässigte – Punkt ist, dass man die verbleibenden Mitarbeiter begleitet und sich um diese kümmert.

Grunau: Man muss vor allem an der Haltung der Führungskräfte arbeiten und die Verantwortung dafür übernehmen, was sie tun und was sie sagen. Das gelingt nur durch eine gute Schulung und viel Information seitens der Geschäftsführung. Die Führungskräfte müssen Teil der Entscheidung sein und diese vertreten. Sie dürfen sich nicht hinter anderen Entscheidungsträgern verstecken. Das Führen schwieriger Mitarbeitergespräche bzw. Trennungsgespräche ist Teil ihrer Tätigkeit. Das muss im Zweifelsfall auch trainiert werden.

Wie sind die Begriffe Transformation und Restrukturierung belegt – was assoziieren Sie persönlich damit?

Polkowski: Was mir als Erstes in den Sinn kommt,ist Erneuerung und der menschliche Aspekt im Rahmen der Transformation sowie das Ziel, an Fähigkeiten und Fertigkeiten von Mitarbeitern festzuhalten sowie die Mitarbeiter durch Training und Fortbildung mit zusätzlichen Skills zu versehen. Das Wesentliche ist die Motivation von Mitarbeitern – und hier sind das Unternehmen, die Geschäftsleitung sowie die einzelnen Führungskräftegefragt. So sorgt man dafür, dass diejenigen Mitarbeiter, die man halten möchte, nicht gehen, sondern bleiben.

Zizmann: Wenn bspw. ein Viertel eines Teams durch eine Restrukturierung entfällt, dann muss die Arbeit anders gemacht und organisiert werden. Der Veränderungsdruck hat sehr viel Positives bei uns bewirkt. Der Prozess muss weniger als Belastung als vielmehr als Chance begriffen werden, Dinge zu hinterfragen und anders zu tun. Das passiert m.E. vor allem mit Druck von außen.

Nikolaus: Das trifft es sehr genau. Ergänzend vielleicht noch einmal: Ganz wichtig ist der Blick auf die Mitarbeiter, die nach der Restrukturierung noch an Bord sind. Was machen wir mit denen – wie arbeiten wir zusammen? Diese Menschen müssen motiviert werden, den Changeprozess gemeinsam mit dem Unternehmen zu gestalten. Das sind ja durchweg positive Themen, die man angehen kann, und das macht dann auch Spaß. Gleichzeitig müssen natürlich diejenigen, die das Unternehmen verlassen, mit Respekt behandelt werden. Beachtet HR diese Aspekte, dann kann man sich sehr gut profilieren und eine Basis finden, um mit den verbleibenden Mitarbeitern weiter zusammenzuarbeiten und gemeinsam in die Zukunft zu gehen.

Abegg: Vergessen Sie bitte nie, und das ist unserer Erfahrung nach leider ein sehr großes Thema, diejenigen, die im Unternehmen bleiben. Insofern kann ich mich dem Gesagten nur anschließen. Der Trend geht dahin, vor allem auch die verbleibenden Mitarbeiter zu begleiten und zu unterstützen. Vergessen Sie dabei nie Ihre Führungskräfte.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führten Andreas Krabel und Arne Gels.

Quelle: AuA, Ausgabe 12/22

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